Insolvenz des Arbeitgebers: Welche Abfindung steht Ihnen zu?

Die Insolvenz eines Unternehmens ist immer ein schwieriges Thema – sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer*innen. Denn oftmals gehen Insolvenzverfahren mit Kündigungen von Arbeitsverhältnissen einher. Doch es besteht häufig die Möglichkeit einer Abfindung für Arbeitnehmer*innen – dabei kommt es vor allem auf das Timing an. 

Was ist eine Firmeninsolvenz?

Um das Procedere einer möglichen Abfindung bei einer Insolvenz des Arbeitgebers zu verstehen, muss zunächst die grundlegende Frage geklärt werden: Wann ist die Rede von einer Insolvenz bei Unternehmen? Die Antwort ist eigentlich ganz simpel: Wenn ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig bzw. überschuldet ist, spricht man von Insolvenz. Geprüft bzw. festgestellt wird eine Insolvenz im entsprechenden Insolvenzverfahren. Hier wird darüber entschieden, ob das kriselnde Unternehmen in der Zukunft bestehen kann oder nicht. Denn grundsätzlich soll eine Insolvenz einem Unternehmen die Möglichkeit bieten, sich zu sanieren und neu aufzustellen – von der Organisation der Mitarbeitenden und Prozessen bis hin zu den Kosten. Wegweisend dabei sind die Ansprüche der sogenannten Insolvenzgläubiger. Das sind die Unternehmen und Menschen, die noch offene Forderungen gegenüber dem Unternehmen im Insolvenzverfahren haben. Jedes Insolvenzverfahren wird in Deutschland durch die Insolvenzverordnung (InsO) geregelt.

Insolvenz und Abfindung: Wie hängt das zusammen?

Als Arbeitnehmer*in eine Abfindung von seinem Arbeitgeber einfordern, der – umgangssprachlich – „pleite“ ist? Klingt erstmal unmöglich. Und warum sollte einem überhaupt eine Abfindung zustehen, wenn der Arbeitgeber insolvent geht? 

Damit die Auszahlung an die Arbeitnehmer*innen sichergestellt ist, ist die Zahlung einer Insolvenzumlage seitens des Arbeitgebers gesetzlich verankert. Nur wenige Arbeitgeber wie Körperschaften des öffentlichen Recht oder Gemeinden sind davon ausgeschlossen. Die Insolvenzumlage beträgt im Jahr 2022 0,9 Prozent des rentenversicherungspflichten Arbeitsentgelts – unabhängig davon, ob eine Versicherungspflicht des/der jeweiligen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin in der Rentenversicherung vorliegt. Das heißt, dass zum Beispiel auch für Minijobber die Insolvenzumlage durch den Arbeitgeber zu zahlen ist (§360 SGB, Abs. 3).

Betriebsbedingte Kündigung aufgrund Unternehmenssanierung

Wie bereits oben erwähnt, dient ein Insolvenzverfahren vor allem zur Sanierung und Neuausrichtung eines Unternehmens. Durch diese „Umstrukturierungen“ können Mitarbeitenden Kündigungen drohen – zum Beispiel durch Auflösung einer komplette Abteilung oder genereller Einsparung von Personalkosten. Kommt es dann zu einer sogenannten betriebsbedingten Kündigung im Zuge der Insolvenz, steht dem/der Arbeitnehmer*in eine Abfindung zu. Wichtig dabei ist, dass nicht die Insolvenz der Grund für die Kündigung ist, sondern die im Rahmen des Insolvenzverfahrens nötigen Maßnahmen zur Unternehmenssanierung. Dazu zählen beispielsweise:

  • Umstrukturierung
  • Stilllegung
  • Rationalisierung

Außerdem dürfen Mitarbeitende nachweislich in keinem anderen Bereich der Firma arbeiten können. Hier werden folgende Kriterien relevant, die im Zuge der sogenannten Sozialauswahl ausschlaggebend sind:

  • Alter
  • Jahre der Betriebszugehörigkeit 
  • Unterhaltspflichten
  • Behinderungen

Wichtig: Sollten Ihrer Meinung nach keine Sozialauswahl stattgefunden haben oder die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses aus anderen (nicht betrieblichen) Gründen unwirksam sein, können Sie innerhalb von drei Wochen, nach Zugang der Kündigung, eine Kündigungsschutzklage einreichen. Dazu zählen zum Beispiel auch fristlose Kündigungen ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Bevor Sie jedoch einen schnellen Entschluss zur Kündigungsklage fassen, sollten Sie den Zeitpunkt Ihrer Kündigung genau im Blick haben. Denn dieser ist maßgeblich entscheidend für eine Abfindung.

Abfindungsanspruch: Vor oder nach Insolvenzeröffnung?

Um den Abfindungsanspruch geltend zu machen, gibt es einen besonders wichtigen Faktor, der in vielen Fällen entscheidend für eine Abfindung beim Insolvenzverfahren ist: Der Zeitpunkt des Anspruchs. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Abfindungsansprüche sind oftmals leider verloren. Ist der Abfindungsanspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, stehen die Chancen auf eine Abfindung gut. Natürlich muss dann die oben beschriebene betriebsbedingte Kündigung nachgewiesen werden. Oder Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in einigen sich auf einen Aufhebungsvertrag.

Abfindung im Aufhebungsvertrag

Nicht immer muss eine Kündigung aufgrund betrieblicher Erfordernisse der Anhaltspunkt für eine Abfindung sein. Auch ein Aufhebungsvertrag birgt Chancen auf die Zahlung beim Verlassen des Arbeitgebers. Auch hier gilt: Der Aufhebungsvertrag muss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen und unterschrieben sein. Denn somit fällt der Anspruch unter die Masseverbindlichkeiten, die gemäß § 53 InsO vorzugsweise zu befriedigen sind. Die Insolvenzmasse umfasst nach § 35 Abs. 1 der InsO das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners – also sowohl das vor der Insolvenzeröffnung als auch das während der Insolvenz erlangte Geld. Der eingesetzte Insolvenzverwalter ist also gesetzlich dazu verpflichtet, die Abfindung in voller Höhe zu Zahlen. Ganz wichtig: Arbeitnehmer*innen erhalten an dieser Stelle nicht wie andere Gläubiger*innen nur einen prozentualen Anteil, sondern die komplette Zahlung.

Anwalt zur Durchsetzung von Insolvenzgeld

Nicht selten kommt es bei der Forderung einer Abfindung zum Streit zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber. Es ist ratsam, sich eine/n Anwalt/Anwältin zu nehmen. Dieser unterstützt in der Regel von der Stellung des Antrags bis zur Geltendmachung der Abfindung auf ganzer Linie. 

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